Frauen, die visualisieren: Tanja Wehr – Sketchnotelovers

“Einfach Anfangen und üben.” Tanja Wehr – Sketchnotelovers im Interview

Oh, ich freue mich so sehr mit meiner neuen Artikelserie zu starten. Jeden Monat werde ich euch eine wunderbare Frau präsentieren, die visualisiert. Ich habe Frauen gebeten mir Fragen rund um die Themen Sketchnotes, Bullet Journaling, Graphic Recording oder Flipchartgestaltung zu beantworten.

Den Anfang macht Tanja Wehr von Sketchnotelovers. Ich folge ihr schon seit einer ganzen Weile online und bewundere ihre Sketchnotes. Ihre beiden Bücher Die Sketchnote Starthilfe* und Die Sketchnote Starthilfe – Neue Bilderwelten* sind fester Bestandteil meines Bücherregals und fahren mit auf meine Workshops. 2017 durfte ich sie in echt auf dem International Sketchnotes Camp in Hamburg kennen lernen. Dort konnte ich ihr in einer Barcamp Session über den Werdegang ihres ersten Buches lauschen und ein Buch signieren lassen.

Auszug aus meiner Sketchnote beim International Sketchnote Camp 2017

Interview mit Tanja Wehr:

Tanja Wehr Sketchnote Interview

In der Sketchnote sehr ihr meine Zusammenfassung vom Interview. Ausführlicher kannst du es ab hier lesen:

Wer bist du und was machst du?

Tanja: Hallo 🙂 Mein Name ist Tanja Wehr und ich habe 2014 das Label Sketchnotelovers gegründet. Hauptsächlich mache ich heute Sketchnotes als Illustration für verschiedenste Verwendungszwecke (Unternehmensinhalte, wissenschaftliche Projekte und derlei mehr). Außerdem gebe ich Workshops und Inhouse-Schulungen zum Thema Visualisierung in Form von Sketchnotes oder Flipcharts. Ich habe Lehraufträge an verschiedenen Unis, wo ich Visualisierung für Studierende und Mitarbeiter unterrichte. Daneben mache ich Graphic Recordings (analog und digital). Ach ja und ich schreibe gerade an meinem dritten Buch. Das erste – Die Sketchnote Starthilfe – ist 2016 erschienen, das zweite – Sketchnote Starthilfe Neue Bilderwelten – ist gerade im März veröffentlicht worden (beide mitp-Verlag).

Wo kann man dir folgen/was von dir sehen?

Tanja: Ich bin wirklich eine Social Media-Krücke und beneide Menschen, die jeden Tag Stories posten und dreimal die Woche Blog-Artikel veröffentlichen, aber das kriege ich irgendwie nicht gebacken. Am ehesten bin ich auf Instagram zu finden: sketchnotelovers. Ich habe auch einen Facebook und Twitter Account, aber meistens retweete und teile ich da nur Dinge, die andere über mich posten. Shame on me. Aber man braucht ja auch noch Verbesserungspotential.

Daneben habe ich eine Webseite www.sketchnotelovers.de, auf der ich auch gerne mal einen Artikel schreibe zu Dingen, die mich gerade beschäftigen oder die mir auffallen. Viel von meinen Arbeiten sieht man da nicht, weil ich sehr viele Aufträge habe, die unter die Schweigepflicht fallen, da es um strategische Ausrichtungen oder andere inhaltliche Themen geht, die Firmen nur ungern im Netz wieder finden würden. 🙂

Welchen Tipp gibst du Anfänger*innen für Sketchnotes?

Tanja: Goethe hat einmal sehr treffend gesagt: Erfolg hat drei Buchstaben – TUN. Und das ist der wichtigste Tipp. Einfach Anfangen und üben. Nicht auf den perfekten Anlass warten und nicht das gute Notizbuch und die teuren Stifte „verwahren“ für die eine Gelegenheit. Fang an mit der Einkaufsliste oder einer Notiz für die Familie. Es gibt wirklich viele Dinge, die alltäglich lohnen in eine Sketchnote gepackt zu werden oder zumindest eine feine Übungsaufgabe abgeben.

Was war dein größter Aha-Effekt beim Sketchnotes erstellen?

Tanja: Meine ersten richtigen Sketchnotes habe ich vor 10 Jahren im Rahmen von EU-geförderten Bildungsprojekten erstellt. Zunächst nur für mich und damit ich weiß, was ich als nächstes zu tun habe. Doch je mehr Leute die Sketchnotes sahen, desto mehr wollten eine Kopie haben und mein größtes Aha-Erlebnis war, dass „meine“ Notizen auch für andere Menschen hilfreich sind und sie auf einmal Lust und Freude hatten, sich mit Informationen zu beschäftigen, die sonst eher als lästig empfunden wurden.

Was hättest du gern am Anfang schon gewusst?

Tanja: Welche Stifte und Notizbücher es gibt, damit ich von Anfang an mit coolem Werkzeug gearbeitet hätte 🙂 Aber auch wie entspannend es ist und wie nachhaltig, Wissen behalten oder wie schnell es wieder hervorgeholt werden kann. Ich hätte viel mehr Fachbücher-Zusammenfassungen in Sketchnotes gepackt, um mir mehrmaliges Lesen zu ersparen.

Was magst du am liebsten am Sketchnoten?

Tanja: Dass sie Informationsvermittlung mit Freude und Spaß verbinden. Dass man wirklich komplexe Sachverhalte runter brechen kann und, dass sie eigentlich für jeden erlernbar sind. Außerdem mag ich, dass Sketchnotes es schaffen, lernen zu erleichtern und zu verschönen und sie Menschen helfen, sich zu erinnern.

Was am wenigsten?

Tanja: Eigentlich mag ich alles an dieser Methode, aber es ärgert mich manchmal ein wenig, dass der Begriff Sketchnotes als pars pro toto für Visualisierungen jeder Art genutzt wird, in denen Worte und Bildsymbole kombiniert werden. Sketchnotes sind für mich aber visuelle Notizen und damit ganz klar kleinformatiger. Eben im Sinne von Mike Rohde, der Sketchnotes als Methode benannte und dazu auch das erste Fachbuch schrieb.

WaS war dein coolster/aufregendster/ungewöhnlichster Auftrag?

Tanja: Eines Tages klingelte das Telefon und ich hatte eine Frau dran, die aus Palo Alto anrief. Ein Anruf aus dem Silicon Valley! Das fand ich schon sehr cool und auch die daraus resultierenden Aufträge. Sex trotz(t) Demenz war auch nicht ganz gewöhnlich und ich habe auch schon einige Prominente aus Fernsehen und Politik getroffen, die als Gäste oder Moderatoren geladen waren. Das ist inzwischen entspannter, aber bei den ersten Menschen, die man sonst nur so aus dem Fernsehen kennt, war das schon lustig.

Lief schon mal was komplett schief? Und wie hast du darauf reagiert?

Tanja: Ich habe mal den Nobelpreisträger Stefan Hell bei einem längeren Interview begleitet. Als ich in den Raum kam, stand ich einer wirklich schönen, großen (3m x 1,80m) Wand gegenüber. Die war noch unbespannt, aber wie vereinbart wurde das Papier noch von nebenan geholt. Ich habe nicht schlecht gestaunt, als die Dame mit einem dicken Packen A3 Papier ankam und einer großen Schachtel Pinnwandnadeln. Mein Gesicht muss Bände gesprochen haben, denn der Verantwortliche hat dann sofort bei der hauseigenen Druckerei angerufen und ich habe feinstes Papier von der Rolle bekommen. Aber kurz habe ich schon mal nicht schlecht geschaut. Ein anderes Mal habe ich Kappaplatten bezeichnen sollen und der Kunde hat sie gekauft, leider waren sie unkaschiert, also blanker Schaumstoff – gott sei dank gab es einen Kunstbedarfsladen in Frankfurt – also schnell hinfahren, richtige Platten kaufen und schnell wieder zurück in die Klassikstadt. Mehr ist – toi toi toi – noch nicht passiert.

Mit welchem Material arbeitest du am liebsten?

Tanja: Bei schnellen Sketchnotes, die live passieren:

  • nuuna – Notizbücher (tolles Papier, grandiose Bindung und wunderschöne Designs)
  • Fineliner von touch (liegen besonders toll in der Hand) oder Sakura Micron
  • fineones mit Pinselspitze von Neuland für die Farbe und Schatten

Bei Illustrations-Sketchnotes

  • 160g Papier von dots
  • Fineliner wie oben
  • Copic Marker

Was ist dein Lieblingssymbol/icon und warum?

Tanja: Ich mag Raketen, Glühbirnen und Schiffe, Kraken und Wesen mit Tentakeln. Weltall und Meer eigentlich generell. Aber auch Kaffeetassen und Schatztruhen, Klemmbretter… ach wenn ich einmal anfange… 🙂 Warum kann ich gar nicht sagen. Ich finde, Raketen haben eine tolle Dynamik und wunderbare Metaphern, Tentakeln finde ich cool.

Und ich liebe Typo. Ich schreibe viel einfach in unterschiedlichen Schriftarten und mag das sehr.

Was hast du als nächstes vor? Wie geht es bei dir weiter?

Tanja: Ich freue mich im Mai auf das Arbeiten am nächsten Buch, wofür ich mir einige Tage frei geschaufelt habe, ich habe einen Lehrauftrag an der Leibniz-Uni in Hannover zum Thema Advanced Organiser, habe einen wunderbaren Kunden in Heilbronn, für den ich schon früher gearbeitet habe und werde drei Tage in Schrift schwelgen auf der TYPO Berlin. Daneben arbeite ich an einigen Illustrationsjobs zu coolen Projekten. Mehr dazu aber auf Instagram, wenn wir es sagen dürfen.

Vielen Dank, liebe Tanja, für das wunderbare Interview!


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